Montag, 24. Dezember 2012

Martha's Advents-Box 2012 *** 24. Dezember

NEU: Martha's Advents-Box 2012 *** 24. Dezember (von Martha Stadlmair) (24.12.2012) 


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24. Dezember

Tränen 

Tränen kullern über meine Wangen, ganz leise weine ich in mein Kissen.
Tief vergrabe ich mich unter der Decke. Heute ist es wieder so weit, es ist
Weihnachten. Im Zimmer herrscht ein fröhliches Treiben, die meisten
Heimkinder sind ausgelassen und übermütig.
 

Sie werden in den nächsten Stunden von ihren Eltern abgeholt, 
Grosseltern oder Bekannten, bei denen sie ein liebliches Weihnachtsfest 
verbringen werden. Nur ich und einige wenige Kinder müssen 
Weihnachten im Heim verbringen. Langsam krieche ich unter der Decke 
hervor; ich muss trotzdem meine Pflichten erfüllen. 

Kaum stehe ich, kommt Schwester Maria auf mich zu und schnauzt mich 
an: 

„Du bist schon wieder zu spät, es ist immer das Gleiche mit dir. Räum 
deinen Platz auf und geh in die Küche, um zu helfen.“ 

Beim Hinausgehen ergänzt sie noch: 

„Schliesslich organisieren wir das Weihnachtsfest nur für euch.“ Wieder 
habe ich einen Kloss im Hals. Ich muss mich zusammen nehmen, damit ich 
nicht laut losheule. Der Heiligabend im Heim ist so etwas von unpersönlich 
und kalt, dass wir Kinder gerne darauf verzichtet hätten. 

Nicht einmal ein Christbaum wird aufgestellt, nur ein Kranz mit wenigen 
Kerzen. Geschenke bekommen wir jedes Jahr dieselben, nämlich eine 
kleine Büchse mit trockenen Guezli, steinhart. Die Schwestern machen 
schnell, denn sie wollen nach Hause, um das Fest zu feiern. 

Wir müssen dann meistens um 21 Uhr ins Bett, und nur die Nachtwache 
bleibt da, natürlich mürrisch und schlecht gelaunt. 

In der Küche begegne ich Schwester Agnes. Sie ist eigentlich keine 
Schwester, sie hilft hier nur aus, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie 
wohnt ganz in der Nähe, in einem schönen Haus. Sie ist der Lichtblick im 
Heim, und sie merkt sofort, wenn es einem Kind schlecht geht und nimmt 
es dann spontan in den Arm. 

Man spürt eine Wärme, die es im ganzen Heim sonst nicht gibt. 

„Hallo Marco!“ Schon ihre Stimme beruhigt mich und ein scheues Lächeln 
huschte über meine Lippen. 

„Na freust du dich auf Weihnachten? 

Ich habe später eine Überraschung für dich.“ 

„Eine Überraschung!“ 

Bekomme ich heute mal mehr geschenkt als nur alte Guezli? 

Ich werde ganz nervös, nun habe ich etwas, auf das ich mich freuen 
kann. 

„Stehst du immer noch rum!“ 

Schwester Maria reisst mich aus meinen Gedanken. 

„Arbeite, du fauler Kerl!“ 

Ich mache mich an die Arbeit, es fällt mir leichter als sonst, denn mir 
schwirrt den ganzen Tag meine Überraschung durch den Kopf.

Um 17 Uhr geht Schwester Agnes, ohne sich von mir zu verabschieden. 
Das hat sie noch nie gemacht. Wo ist meine Überraschung? Am Abend 
sehe ich sie auf einmal wieder. Sie kommt auf mich zu: 

„Marco komm, du darfst bei uns Weihnachten feiern.“ 

Ich schaue sie mit grossen Augen an. Ich verstehe nicht: 

„Wo?“ 

„Bei uns zu Hause“, erwidert sie. 

Schnell renne ich zum Schlafsaal und ziehe meine schönsten Kleider an. 
Danach gehen wir die Strasse hinunter und sind nach wenigen Minuten 
bei ihrem Haus. Staunend gehe ich hinein, alles ist geschmückt. Die 
Familie sitzt am Tisch, und ich werde allen vorgestellt. 

Herzlich werde ich aufgenommen. In mir kommt ein Gefühl der 
Geborgenheit auf, wie ich es noch nie in meinem Leben gespürt habe. 
Zum Essen gibt es Poulet, Reis und Gemüse, danach einen Nachtisch. 
Wirklich das beste Essen auf der ganzen Welt. 

Und nun die Bescherung. Ich erwarte nichts, denn der Abend war bis jetzt 
das grösste Geschenk meines Lebens. Schwester Agnes kommt mit einem 
Papier auf mich zu und sagt: 

„Lies das, Marco.“

Willkommen in unsere Familie! steht darauf. 

Ich verstehe nicht recht und schaue Agnes an. Sie bestätigt: 

„Von nun an gehörst du zu uns, für immer!“ 

Tränen kullern über meine Wangen. 


© Heinz Braun



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