Montag, 7. Juli 2014

Gefahr für Fluggäste und Personal *** "Nervengift im Flugzeug"






"Ausgenutzt und ausgebeutet"

Die ARD zeigt heute Montag, 07. Juli 2014 in "Die Story" eine Doku über "Nervengift im Flugzeug". Intern streitet man um Autorenschaft und Inhalt
Autor Ulli Schauen
"Nervengift im Flugzeug", ein brisantes Thema, aber nicht etwa die Luftfahrtbranche geht gegen die Sendung aus der Reihe "Die Story" heute Abend in der ARD vor. Drei Anwaltsbriefe kamen von an der Produktion Beteiligten, darunter dem faktischen Hauptautor der Dokumentation, Tim van Beveren.
Bis heute kennt van Beveren die Sendefassung seines Films über sein Hauptthema nicht. Er muss davon ausgehen, nicht als Autor genannt zu werden. Nach Zehntausenden Flugkilometern, weltweiten Dreharbeiten und 28 Tagen Schnitt eskalierte die Lage zwischen ihm, dem Koautor und WDR-Redakteur Roman Stumpf sowie dem verantwortlichen Redakteur Jo Angerer. Angerer und Stumpf sehen eine Fassung vom 7. Juni weitestgehend als Endfassung, abgenommen von Chefredakteurin Sonia Mikich. Van Beveren hingegen: "Das war eine verbesserungswürdige Diskussionsgrundlage, nicht zugespitzt und ohne die investigativen Recherche-Elemente." Die abgenommene Version sei zudem ohne Teamarbeit mit seinem Koautor Stumpf zustande gekommen.
Joachim Angerer sagt, es habe zwar Konflikte gegeben, die seien aber lösbar gewesen. Er sieht die Chefredakteursvorführung als einvernehmliche Abnahme. Er schickt den Berliner van Beveren nach Hause, um in Köln die letzten "vereinbarten" Änderungen selbst zu schneiden: "zwei dramaturgische Umstellungen und eine inhaltliche Änderung, die eine nicht belegbare Behauptung betraf".
Das sieht van Beveren anders. Er verlangt von Angerer Änderungen an Schnitt und Text und bietet vergeblich an, die Produktion am eigenen Schnittplatz zu Ende zu führen. Zu den inhaltlichen Auseinandersetzungen kommen Konflikte mit dem Koautor und ein Streit über eine angemessene Bezahlung von Dreharbeiten, die van Beveren als Kameramann mit eigener Ausrüstung für den Film durchführte. Um seinen Anspruch auf Honorar zu untermauern, mailt der Autor, er sehe seine "Verpflichtungen als Autor gegenüber dem WDR als erfüllt an". Und als Angerer auf seinem Vorgehen besteht, verwahrt er sich dagegen, dass sein Name "unter diesen Voraussetzungen" noch genannt wird. Beides zusammen wertet Angerer als kompletten Ausstieg van Beverens aus dem Dokuprojekt - gegen dessen Protest.
Vielleicht kam Angerer ein Ausstieg gelegen. Schon im Februar spielte er van Beveren in einer Mail an die Lufthansa-Pressestelle zum "fachkundigen Co-Autor" herunter: "Redaktionell könnte er auf den Film keinen Einfluss nehmen. Filmautor ist […] Dr. Roman Stumpf, der Film wird von mir redaktionell abgenommen." Mittlerweile beschädigt der Streit zwischen Autor und Redaktion den Inhalt der Doku. Die Flugbegleiterin R. zog ihre Einwilligung zurück, das mit ihr gedrehte Material zu nutzen. Nun kommt ihr Fall nicht mehr in der Sendung vor, einer der Paradefälle von Menschen, die nach einem Unfall mit Kabinenluft schwer erkrankt sind. Prof. Ronald Schmid, Rechtsbeistand der Condor-Flugbegleiterin: "Ich hatte keine Bedenken, dass Frau R. Herrn van Beveren ein Interview gibt, weil ich ihn als vertrauenswürdigen, seriösen Journalisten kenne, der Vereinbarungen einhält. Wenn er aber nun beim WDR nichts mehr zu sagen hat, dann kann sie sich nicht mehr darauf verlassen, dass seine gegebenen Zusagen eingehalten werden." Im Sender sei man offenbar so arrogant, dass man meine, nicht mit ihm, Schmid, reden zu müssen. Andernfalls "hätte man da noch was machen können".
Rechtsanwalt Frank Cannon aus Glasgow zog gegenüber dem WDR die Genehmigung für die Nutzung der Interviews und Filmszenen mit ihm und vier Wissenschaftlern zurück. Es geht um die Untersuchung der Todesursache eines möglicherweise an den Folgen von Kabinendämpfen gestorbenen British-Airways-Piloten. Dabei beruft sich Cannon auf den Vertrag zwischen ihm, dem WDR und van Beveren, dass das Material bis zur eigenen Publikation der Untersuchungen vertraulich ist. Alles habe auf der Zusammenarbeit mit van Beveren beruht, auch die detaillierte Freigabe von Material für die Sendung "Die Story", schreibt Cannon nun. Gegenüber Cannon gab der WDR nicht nach - und riskiert damit Schadenersatzforderungen.
Tim van Beveren sagt, dass er offiziell nicht mehr als Koautor gelte, habe er "durch eine E-Mail nicht vom WDR, sondern der Lufthansa Pressestelle erfahren. Meine Loyalität zum WDR wurde ausgenutzt. Ich fühle mich von Angerer ausgebeutet."
Am vergangenen Freitag erreichte den WDR das Fax seines Rechtsanwalts Frank Fischer. Er warnt davor, van Beverens Recht als Urheber zu verletzen. Sein Klient müsse den Film vor der Sendung zu sehen zu bekommen, um entscheiden zu können, ob sein Name im Abspann genannt werden soll.
Unterdessen verbreitet die Lufthansa im firmeneigenen Intranet genüsslich die Nachricht, dass die ARD ihren Mitarbeiter van Beveren, der seit sechs Jahren über Gift in der Kabinenluft berichtet, nicht mehr als Autor der Doku nennt.
Unterdessen verbreitet die Lufthansa im firmeneigenen Intranet genüsslich die Nachricht, dass die ARD ihren Mitarbeiter van Beveren nicht mehr als Autor der Doku nennt.

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 www.taz.de

Veröffentlicht am 04.06.2014
Piloten legen Sauerstoffmasken an, Passagiere klagen über Übelkeit und Kopfschmerzen, ganze Crews werden ins Krankenhaus eingeliefert - immer wieder spielen sich dramatische Szenen in Flugzeugen ab und trotzdem passiert so gut wie nichts. Schon vor Jahren hatte MONITOR über toxische Kabinenluft berichtet, aber Luftfahrtindustrie und die Bundesregierung negieren das Problem. Ein neuer Bericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung enthüllt nun: Entgegen der bisherigen Darstellung der Bundesregierung gab es offenbar seit 2006 über sechshundert Fälle, in denen im Cockpit oder im Fluggastraum Rauch oder Geruch auftrat. In einigen Fällen spricht der Bericht sogar von einer „hohen Unfallwahrscheinlichkeit". Neue Untersuchungen zeigen: Die Giftstoffe könnten sich im Körper anreichern und so vor allem für Besatzungsmitglieder und Vielflieger zur schleichenden Gefahr werden.

http://www.wdr.de/tv/monitor/sendunge...



Nachdem die Lufthansa kritische Journalisten lieber nicht an einem Pressetermin zum Thema "kontaminierte Kabinenluft" haben wollte, reagierte das kritische Medienmagazin des NDR so:



Hochgeladen am 07.10.2011
Die Flugzeugindustrie spricht nicht gerne darüber: Weil die Luft in der Kabine bis heute ungefiltert von den Triebwerken abgezapft wird, kommt es immer wieder zu gravierenden Vorfällen mit Öldämpfen in den Flugzeugkabinen. So zum Beispiel vergangene Woche auf einem Air Berlin Flug von New York nach Berlin, nach dem das Flugpersonal sogar im Krankenhaus behandelt werden musste. Das Problem: In den Öldämpfen ist Nervengift enthalten, das unbemerkt eingeatmet werden kann. Es kann bei Passagieren und Piloten zu Erbrechen und Ausfallerscheinungen führen, steht aber auch im Verdacht, schwere Schäden am Nervensystem zu verursachen. Wissenschaftliche Studien belegen jetzt, dass Rückstände des Nervengifts sogar im Blut von zufällig ausgewählten Passagieren gemessen wurde. Die Luftfahrt-Industrie leugnet bis heute hartnäckig einen Zusammenhang zwischen solchen Vorfällen und den zahlreich aufgetretenen Erkrankungen von Flugbegleitern und Piloten. Von der ARD.








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