Dienstag, 19. Mai 2015

Russland, Hindernis für das “Globale Amerika”?!


Russland, Hindernis für das “Globale Amerika”
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Die USA hätte gern Zugriff auf die Rohstoffe Russlands. Jemand aus den USA (ich weiß nicht mehr wer) sagte mal, es sei ungerecht, dass Russland die gesamten Rohstoffe in Sibirien für sich allein habe. Da wären gerade die USA die Richtigen etwas abzutreten. Gefährlich ist bei den Amerikanern ihr Sendungsbewusstsein. Sie glauben ihr Weg sei der einzig richtige und sie müssen die ganze Welt damit überziehen.

Ich finde den Artikel für gut, unabhängig davon von wem er kam.

Russland stellt eines der wichtigsten geopolitischen Hindernisse für Washington dar. Es weitet seine Einflusssphäre aus und zeigt der Welt, das es im Bereich der Energiepolitik nicht übergangen werden kann.



Dieser Beitrag erschien bereits vor der Ukraine-Krise und wurde aus aktuellem Anlass erneut veröffentlicht. Der Autor des Textes ist unterdessen als Kandidat der Front National ins Europäische Parlament eingezogen. 

Von Aymeric Chauprade

Während die Vereinigten Staaten seit dem 11. September 2001 versuchen, ihr Projekt der Umgestaltung der Welt nach dem Bildnis der von ihren Gründervätern erträumten demokratischen und liberalen Gesellschaft zu beschleunigen, treten die nicht-westlichen Gesellschaften ihr auf diesem Weg entgegen und behaupten ihren Willen zur Macht.

Insbesondere Russland stellt einen der wichtigsten geopolitischen Hindernisse für Washington dar. Es weitet seine Einflusssphäre aus und zeigt der Welt, das es im Bereich der Energiepolitik nicht übergangen werden kann.

Einer der klassischen Autoren der Geopolitik, der Brite Halford J. Mackinder (1861-1947), der in Oxford Geographie unterrichtete, vertrat als zentrale These, dass sich die großen geopolitischen Dynamiken rund um das Herzland (Heartland) Eurasiens anordneten.

Der Dreh- und Angelpunkt (Pivot) der Weltpolitik im Herz Eurasiens, den die Seemächte nicht erreichen konnten, ist Russland – ein Imperium, “das in der gesamten Welt die gleiche strategische Position einnimmt, wie Deutschland in Europa.”

Rund um dieses Epizentrum der weltweiten geopolitischen Erdstöße, geschützt durch einen Gürtel natürlicher Hindernisse (sibirische Leere, Himalaya, Wüste von Gobi, Tibet), den Mackinder den inneren Halbmond (inner crescent) nennt, breiten sich die Ufer des eurasischen Kontinents aus: Westeuropa, der Nahe und Mittlere Osten, Süd- und Ostasien.

Jenseits dieser Ufer, hinter den maritimen Hindernissen, vervollständigen zwei Inselsysteme den Rahmen rund um das Heartland: Großbritannien und Japan, Brückenköpfe eines weiter entfernten Halbmondes, zu dem die Vereinigten Staaten zählen.

Nach dieser Sicht der Welt müssen die globalen Seemächte, die Thalassokratien, deren Interessen Mackinder verteidigt, die kontinentale Einheit Eurasiens verhindern. Sie müssen die Ost-West-Spaltung der wichtigsten Kontinentalmächten aufrechterhalten, die in der Lage wären ein Bündnis einzugehen (Frankreich/Deutschland, Deutschland/Russland, Russland/China) aber auch die Küsten des eurasischen Kontinents kontrollieren.

Diese angelsächsische Matrix, die man sowohl im Fall des britischen Empires des 19. Jahrhunderts, als auch bei der amerikanischen Thalassokratie des 20. Jahrhunderts anwenden kann, ist weiterhin relevant, um die heutige Geopolitik zu begreifen.

Die Theorie von Mackinder erinnert uns an zwei Dinge, die die angelsächsischen Thalassokratien nie vergessen haben: es kann kein Projekt einer Großmacht Europa geben ohne ein starkes und unabhängiges Deutschland (Deutschland ist seit 1945 weitgehend unter amerikanischem Einfluss); es gibt kein weltweites Gleichgewicht gegenüber dem amerikanischen Globalismus ohne ein starkes Russland.

Amerika will das “Globale Amerika”; das Ziel seiner Aussenpolitik, jenseits der bloßen Optimierung der ökonomischen und strategischen Interessen des Landes, ist die Umwandlung der Welt nach dem Bildnis der amerikanischen Gesellschaft. 

Amerika ist messianisch und das ist der innerste Antrieb seiner Machtprojektion. Als sie 1941 die Atlantikcharta unterzeichneten, gaben Roosevelt und Churchill einer erträumten Weltregierung eine Agenda zur Organisation der liberalen und demokratischen Globalisierung.

Bis 1947 strebte Amerika eine Konvergenz mit der UdSSR an, um mit ihr eine Weltregierung zu bilden, obwohl die beiden amerikanischen und sowjetischen Globalismen offensichtlich unvereinbar waren.

Zwei Jahre nach dem europäischen Zusammenbruch von 1945 verstanden die Amerikaner, dass sie die Sowjets nicht in ihren liberalen Globalismus werden aufnehmen können und sie fanden sich damit ab, ihr Projekt geographisch einzuengen: Der Atlantizismus ersetzte vorübergehend den Globalismus.

Russland, Hindernis für das “Globale Amerika”

Gruß Hubert

Bundesverfassungsgericht *** Das Kopftuch-Urteil (Ein Kommentar von Necla Kelek)


Das Kopftuch-Urteil

"Der Mann soll vor der verführerischen Frau geschützt werden. Das Opfer muss sich verschleiern, damit der Mann nicht übergriffig wird. Das Kind, das Kopftuch trägt, wird so auf seine Welt und seine Rolle darin vorbereitet. Wer das höchst richterlich anerkennt, stellt unsere Rechtsordnung und den Gesellschaftsvertrag auf den Kopf. Und es überlässt unsere Mädchen den Paschas."

Der allwissende Turban

Eine Parabel über das Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts

Von Necla Kelek

26.03.2015 – DER HAUPTSTADTBRIEF 128

Dr. Necla Kelek lebt und arbeitet als freie Autorin in Berlin. Sie hat Volkswirtschaft und Soziologie studiert und über „Islam im Alltag“ promoviert. 2005 bis 2009 war sie ständiges Mitglied der Deutschen Islam Konferenz. Sie ist Mitglied des Senats der Deutschen Nationalstiftung und Vorstandsmitglied bei Terre des Femmes. Für den HAUPTSTADTBRIEF bewertet sie das Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts.

Im 13. oder 14. Jahrhundert lebte in Anatolien Nasreddin Hodscha, ein weiser Mann, der für seine paradoxen Geschichten berühmt war.

Eine geht so: Ein Mann, des Lesens unkundig, bekommt einen Brief und bittet den Hodscha, ihn vorzulesen. Der Hodscha tut sein Bestes, kann das Geschriebene aber nicht entziffern. Es ist wohl Arabisch oder Persisch. „Ich kann es nicht lesen“, erklärt er schließlich, „frag lieber einen anderen.“ „Und du willst ein Gelehrter sein“, sagt der Mann ärgerlich, „du solltest dich deines Turbans schämen, den du trägst!“ Daraufhin nimmt der Hodscha seinen Turban ab, setzt ihn dem Mann auf und sagt: „Wenn du meinst, der Turban sei allwissend, dann lies du doch den Brief!“

Das Verfassungsgericht versucht mit seinem Urteil, das pauschale Verbot des Kopftuches an Schulen zu verbieten, sich in ähnlich weiser Weise aus der Affäre zu ziehen. Das Gericht urteilt, das Kopftuch würde als religiöses Bekenntnis nicht an sich den Schulfrieden stören, sondern nur dann, wenn die Trägerin sich entsprechend ihrer Religion verhalten würde.

2003 hat sich dasselbe Gericht noch einer Entscheidung verweigert, und zuvor hatte es sich für religiöse Neutralität an Schulen entschieden.
                                                         
Bei einigen Frauen macht der „türban“ inzwischen nicht mehr den Eindruck, als wollten sich die Trägerinnen damit schamvoll verhüllen. Im Gegenteil. Die provozierend dekorativen Kopfaufbauten werden zur Attraktion.
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Das Verfassungsgericht formuliert mit der aktuellen Entscheidung ein Nasreddin Hodscha würdiges Kopftuch-Paradoxon, auf Deutsch eine Eulenspiegelei. Tatsächlich ist es so, dass islamische Verbände seit Jahrzehnten über die Gerichte durchzusetzen versuchen, dass ihre religiösen Vorstellungen zur gesellschaftlichen Norm werden. 

Sie klagen aus religiösen Gründen gegen den Schwimmunterricht von Mädchen, für Gebetsräume an Schulen, wollen das Kopftuch als Symbol ihrer Religion an Schulen legalisieren.

Ihre Auffassung von Religion soll per Urteil zur Norm werden. Diese Verbände sind geschickt, finanzstark und politisch einflussreich. Aber sie repräsentieren nicht die Mehrheit der Muslime in Deutschland.
In Deutschland tragen drei von vier muslimischen Frauen kein Kopftuch und es ist auch innerhalb des Islam nicht ausgemacht, ob es eine religiös begründete Prophetentradition oder eine Männersache ist, ihre Frauen vor den Blicken der Anderen zu verbergen.

Der Schleier ist überall da Sitte, wo Männer über Frauen bestimmen, und zu keiner Zeit ein Symbol von Emanzipation gewesen.

Die Befürworter des Urteils in Medien und Politik – es sind vor allem Männer, für die der Islam eine Art Folklore zu sein scheint – argumentieren, eine offene Gesellschaft müsse das Kopftuch aushalten. Unsere Gesellschaft kann das, aber können die muslimischen Mädchen und Frauen das auch?

Kennen die Befürworter des Urteils die Mädchen, die nicht in einer offenen Gesellschaft, sondern in „gated communities“ leben? Die ihren Vätern, Brüdern, Onkeln, Cousins, Müttern und Tanten gehorchen müssen. Sie werden kontrolliert, bewacht und möglichst früh verheiratet. Ihre Community grenzt sich von europäischen Werten wie der Gleichberechtigung der Frauen ab.

All diese Mädchen wollen eine Ausbildung machen, selbständig sein, ihr eigenes Leben leben. Sie können es nicht, weil unsere „offene“ Gesellschaft sie aufgegeben hat, ihnen keinen Ausweg bietet, die Abgrenzung als Vielfalt feiert.

Dies soll nun auch in die Schule einziehen. Ausgerechnet in die Schule, den letzten Ort, wo sie etwas von Freiheit und Selbstbestimmung erfahren können. Der Einzug des Kopftuches in die Schule ist wie eine Bestätigung ihres bisherigen Lebens in der Familie, das dem Modell einer islamisch-geprägten  Gesellschaft folgt.
In seiner Wirkung ist das Kopftuch gesellschaftlich selbstausgrenzend wie die zur Zeit modischen Tattoos. Sie zeigen der Welt, wir sind nicht wie ihr, weil ihr uns nicht wollt. Das Urteil spaltet und desintegriert.

Bei einigen Frauen macht der „türban“ inzwischen allerdings nicht mehr den Eindruck, als wollten sich die Trägerinnen damit schamvoll verhüllen. Im Gegenteil. Die provozierend dekorativen Kopfaufbauten der jungen Frauen in Neukölln und im Wedding erscheinen wie ein verborgenes erotisches Versprechen einer noch gebändigten Mähne.

Das Kopftuch, das die Frau vor den Blicken der Männer schützen soll, wird zur Attraktion wie ein Push-up-BH, der die weiblichen Reize konturiert. Aber auch das steht für das durch und durch sexualisierte Geschlechterverhältnis in der muslimischen Gemeinschaft.

Der Mann soll vor der verführerischen Frau geschützt werden. Das Opfer muss sich verschleiern, damit der Mann nicht übergriffig wird. Das Kind, das Kopftuch trägt, wird so auf seine Welt und seine Rolle darin vorbereitet. Wer das höchst richterlich anerkennt, stellt unsere Rechtsordnung und den Gesellschaftsvertrag auf den Kopf. Und es überlässt unsere Mädchen den Paschas. Die Richter sollten sich ihres Turbans noch mal vergewissern und ihre Entscheidung überprüfen.

Das Kopftuchurteil

Gruß Hubert



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