Wird der Karneval in Rio zum Desaster?
von GBC-TeamWir die Freude mit Bruno Tenório, dem Sprecher der Sambaschule “Unidos da Tijuca“, als dieser
verkündete, dass für seine Sambaschule Deutschland 2013 Karnevals-Thema werden wird.
Die Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt noch die Sponsorengelder fehlten, darüber machte man
sich bei der Sambaschule keine Sorgen, schließlich ist man nicht irgend eine Sambaschule,
sondern hatte 2012 im Sambódromo von Rio wieder einmal als Sieger überzeugen können.
Doch das Projekt gerät mehr und mehr ins stocken, denn das benötigte Geld scheint nicht so recht
fließen zu wollen.
Auf rund 5 Millionen Euro werden die Gesamtkosten für den Karnevalsauftritt kalkuliert. Fünfzig
Prozent dieser Summe sind durch die Einnahme aus Fernsehrechten, Zuschüssen der
Stadtverwaltung von Rio sowie örtlichen Sponsoren gesichert. Die anderen fünfzig Prozent sollten
von deutschen Sponsoren kommen. Doch es ist kein Geld in Sicht, obwohl die Unternehmen die
Beträge von der Steuer abschreiben können. Die Sambaschule wird langsam nervös. Inzwischen
flog ihr Direktor für Öffentlichkeitsarbeit bereits mehrfach nach Deutschland, um bei der deutschen
Wirtschaft kräftig die Werbetrommel zu rühren. Darüber hinaus fanden Gespräche mit dem
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag
(DIHT) und sogar mit dem Auswärtigen Amt statt.
Bruno Tenório - Direktor für Öffentlichkeitsarbeit
Das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel“ will erfahren haben, dass es einst ein interessiertes
deutsches Unternehmen gab, welches 500.000 R$ in Aussicht gestellt hatte. Nachdem jedoch der
Direktor des Goethe-Insituts, Alfons Hug, ein fertiges Konzept vorstellte, welches Richard Wagner
als Thema vorsah, da war der Sponsor auch schon weg.
Zu groß ist die Angst davor, dass man mit Wagner vor allem auch die Nazis und den Antisemitismus
assoziiert. Zwar reagierte die Sambaschule umgehend und ein neues Karnevalsthema wurde gewählt,
aber es war zu spät – der Sponsor kam nicht wieder zurück.
Richard Wagner
Hinter vorgehaltener Hand erklären die Verantwortlichen in anderen Unternehmen, dass sie
ein großes Imageproblem mit Rio haben. Welcher Manager möchte sich schon als Fotomotiv
mit knapp bekleideten Tänzerinnen ablichten lassen? - Keiner!
Von Erfolg oder Nichterfolg der Spendenaktion, darüber sind sich alle einig, hängt die Platzierung
der Sambaschule “Unidos da Tijuca“ beim kommenden Karneval in Rio ab – und mit dieser
Platzierung auch die Zukunft ihres derzeitigen Direktors für Öffentlichkeitsarbeit. Sicherlich auch
ein Grund dafür, dass Bruno Tenório nicht müde wird zu argumentieren und für das Projekt zu
werben: So wie man Deutschland nicht mit Eisbein, Bier und Lederhosen gleichsetzen könne, so
stehe der Karneval nicht nur für nackte Haut und laszives Gebaren.
Es geht bei der 80-minütigen Vorstellung im Sambódromo um Kunst und ausgefeilte Choreographie.
Bruno Tenório fiebert voller Leidenschaft, als er den Vergleich von der “Oper unter freiem Himmel“
zieht.
Was bleibt ihm auch anderes übrig? Denn nach seiner Aussage wurde die Idee vom deutschen
Karnevalsthema von Alfons Hug, vom Goethe-Institut, und dem ehemaligen deutschen
Generalkonsul in Rio, Michael Worbs, an die Sambaschule herangetragen. Diese nahm die Idee gerne
auf und rund 300 Personen sind derzeit mit der Umsetzung des Themas beschäftigt.
Es gilt 4.000 Kostüme zu schneidern und acht Karnevalswagen zu dekorieren. Die konkurrierenden
Sambaschulen warten bereits gespannt, ob sich “Unidos da Tijuca“ zum Gespött in Rio machen wird.
Denn versiegt der Geldstrom jetzt, dann sieht man sich bei “Unidos da Tijuca“ nur in der Lage eine
Sparversion zu präsentieren. Dies wäre wohl die größte Schmach für die seit 80 Jahren bestehende Sambaschule, die im letzten Jahr den ersten Platz erzielte. Denn um mit einem neuen Karnevalsthema
zu beginnen, dafür ist es bereits zu spät.
Während Bruno Tenório für seine Sambaschule und sich um das nackte überleben kämpft, gibt es von
den Beteiligten der deutschen Seite, die bei diesem Projekt involviert sind, keine klare Zielrichtung.
Laut dem “Spiegel“ ziehen die Goethe-Institute, Konsulate und Handelskammern nicht an einem
Strang. So soll der Generalkonsul in São Paulo darüber verstimmt gewesen sein, als sein Amtskollege
in Rio in seinem Bereich auf Sponsorensuche ging.
Ehemaliger Generalkonsul von Rio: Dr. Michael Worbs
Der Botschafter in Brasília steht dem Projekt von jeher skeptisch gegenüber. Die AHK in Rio unterstützt
die Zusammenarbeit mit der Sambaschule, will aber bei dem Projekt eine Kommission kassieren,
schließlich muss man sich selber finanzieren. Die AHK in São Paulo fordert zwar keine Kommission,
setzt sich aber dafür auch nur scheinbar halbherzig für das Projekt in Rio ein.
Es klingt bereits voller Verzweiflung, wenn der Kommunikationsdirektor von “Unidos da Tijuca“
hilfesuchend erklärt, dass man den Deutschen vertraut habe und um keinerlei finanzielle Garantien
gebeten wurden. Denn dies scheint sich jetzt bitterlich zu rächen.
GBC-Team
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