NEU: Martha's Advents-Box 2012 *** 23. Dezember
(von Martha Stadlmair) (23.12.2012)
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23. Dezember
Vom Bäbeli mit den blonden Zöpfen
Ich erinnere mich gut: Als kleines Mädchen wohnte ich mit meinen Eltern
und dem kleinen Brüderchen in einem alten, heimeligen Haus in Wängi.
Damals lebten meine Grosseltern noch bei uns.
Mein guter Grossvater war ein glänzender Geschichtenerzähler, und das
Christkind, nahm bei ihm, einen besonderen Platz ein und regte meine
Fantasie an. In der Adventszeit verpackte ich mein krankes Bäbeli mit
gebrochenem Arm und verkratztem Gesicht, und platzierte es vor das
Stubenfenster. Am anderen Tag war die Schachtel bereits verschwunden.
Ich war froh und glaubte ganz fest, dass das Christkind es bis zum
Weihnachtsfest flicken könnte.
Endlich war es Heiligabend. Es war so still und geheimnisvoll. Leise fielen
die Schneeflocken. Grossvater und ich warteten im Nebenzimmer auf die
Ankunft des Christkindes. Manchmal hörten wir gedämpfte Stimmen,
zwischendurch ein Rascheln.
Die Stubentüre war geschlossen, auch durchs Schlüsselloch erspähte ich
nichts. Wie gern hätte ich das Christkind für einen Augenblick gesehen. In
meiner kindlichen Fantasie sah es aus wie ein Engel mit einem zarten,
lieblichen Gesicht und silbrig glänzenden Flügeln.
Bestimmt kam es direkt vom Himmel und versteckte die Geschenke im tief
verschneiten Wald.
Auf einmal klingelte das Glöcklein. In der Stube war es ganz hell. Am
schönen Tannenbaum brannten die Kerzen, die farbigen Kugeln glänzten,
und ein paar Wunderkerzen sprühten kleine funkelnde Sternchen.
Mein Grossvater setzte sich auf das warme „Ofechüschtli“ und erzählte
eine neue Weihnachtsgeschichte. Vater stimmte die altvertrauten Lieder
an. Meine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Endlich, endlich
durfte ich mein Päckli in Empfang nehmen.
Am liebsten hätte ich das farbige Papier mit dem roten Bändeli einfach
aufgerissen – doch meine Mutter mahnte mich zur Sorgfalt! Meine
Überraschung und Freude waren grenzenlos! Das Christkind hatte
tatsächlich mein Bäbeli geflickt, es war wie neu!
Die langen blonden Haare waren zu Zöpfen geflochten; und das neue
rote Kleidchen mit dem weissen Krägli war wunderschön. Jetzt trug es
sogar vornehme, schwarze Lackschuhe.
Mit meinem „Züseli“ im Arm tanzte ich vor lauter Glück umher. Abrupt hielt
ich inne, öffnete das Fenster, und rief ganz laut in die kalte Winternacht
hinaus: „Danke vil Mol, liebs Chrischtchindli!“
Mit meinem Bäbeli im Arm schlief ich rundum zufrieden ein.
© Martha Rüdisühli
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