NEU: Im Copacabana-Flash *** Das Verhältnis Brasilien - Deutschland ist im Moment gestört (von GBC-Team)18.09.2012
Verhältnis gestört
Obwohl in Kürze, nämlich ab Mai 2013, das Deutschlandjahr in Brasilien
stattfinden wird, stehen die deutsch-brasilianischen Beziehungen derzeit
nicht unter einem so strahlenden Stern – auch wenn nach außen hin viele
Fakten anderes vorzugeben scheinen.
Schließlich besuchten alleine im vergangenen Jahr rund 60 offizielle
Delegationen aus Deutschland Brasilien. Darüber hinaus gibt es unzählige
Kooperationen und Partnerschaften, wie beispielsweise die Tatsachen,
dass Brasilien erst gerade das Partnerland für die Cebit war, oder aber im
nächsten Jahr das Gastland der Frankfurter Buchmesse sein wird. Diese
Liste lässt sich vom Deutsch-Brasilianischen Wissenschaftsjahr über das
Deutsche Wissenschaftshaus beliebig lang fortsetzen.
Aber trotz all dieser guten und engen Zusammenarbeit sieht es, auf der
höchsten politischen Ebene beider Länder, wohl scheinbar nicht ganz so
harmonisch aus. Anzeichen hierfür, die in der Vergangenheit zunächst als
zufällig heruntergespielt wurden, die gibt es viele.
- Der brasilianische Entwicklungsminister, Fernando Pimentel, sagte bei
den 30. Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstagen in Frankfurt / Main
kurzfristig seine geplante Teilnahme ab.
- Der Termin für die hochrangig besetzte deutsch-brasilianische
Wirtschafts- kommission wurde ebenfalls kurzfristig um drei Monate nach
hinten verschoben.
- Das von Deutschland 2005 gekündigte Doppelbesteuerungsabkommen
mit Brasilien steckt nach wie vor in einer Sackgasse. Brasilien ist das
einzige BRIC-Land, mit dem Deutschland kein solches Abkommen
getroffen hat.
- Auch, wenn es offiziell von den wenigsten deutschen Unternehmern
zugegeben wird, welche sich um Staatsaufträge bewerben, so hört man
doch hinter vorgehaltener Hand immer lauter, dass den Unternehmern mit
Ablehnung und Desinteresse von Regierungsseite begegnet wird.
Auf der Suche nach einer Antwort für diese ablehnende Haltung, findet
man bei den Beamten des brasilianischen Außenministeriums ungewohnt
klare und zugleich schon fast undiplomatische Worte. Hier wird die
Auffassung vertreten, dass es nicht ausreicht sich auf der im Jahr 2008
beschlossenen strategischen Partnerschaft beider Länder mit Gesten und
wohlgemeinten Aktionen auszuruhen.
Und man wird sogar noch deutlicher, indem man dem Kanzleramt in Berlin
eine fehlende Sensibilität mit Brasilien vorwirft.
Den sensiblen und aufmerksamen Brasilianern ist es nicht entgangen,
dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits zum sechsten Mal offiziell
China besucht hat, während Brasilien bis dato nur ein einziges Mal auf
einer Lateinamerika-Rundreise für eineinhalb Tage stand.
Sie empfinden das offensichtliche Desinteresse an Brasilien und
Lateinamerika, von Bundeskanzlerin Merkel, schon fast als eine
Beleidigung.
Denn wie sonst soll man es ihrer Meinung nach nennen, wenn Brasilien
und Lateinamerika, eine so unbedeutende Rolle in der deutschen Politik
spielen, dass man diese dem Koalitionspartner FDP überlässt.
Zwar bereiste FDP Außenminister, Guido Westerwelle, Brasilien bereits
intensiver, aber auch hier ist den aufmerksamen Brasilianern nicht
entgangen, dass er auf der ersten Reise eher mit dem ausloten von FDP-
Problemen beschäftigt war, als die Beziehungen zwischen Deutschland
und Brasilien nach vorne zu treiben.
Darüber hinaus sorgt die Tatsache, dass auffallend viele Parteifreunde
des FDP-Ministers mit Botschaftsposten bedacht werden, für schmunzeln
hinter vorgehaltener Hand.
Guido Westerwelle in Brasilien
Zugegebener Weise ist Brasilien alles andere, als ein leichter Partner.
Schwankend sind die politischen Signale, die die brasilianische Regierung
setzt. Mal fühlt man sich in Brasilien nicht nur solidarisch, sondern sogar
als Sprecher für die armen Länder in der Welt – und im nächsten Moment
gibt man sich kapitalistischer als die USA.
Viele Experten beider Länder sind sich sicher, dass der größte Fehler
Deutschlands darin besteht, dass man das Land immer noch als den
jahrelangen Entwicklungspartner wahrnimmt.
Doch Brasilien hat sich rasant nach vorne entwickelt, und diese
sogenannten Entwicklungspartnerschaften sind zwar ganz angenehm,
mehr aber auch nicht. Brasilien ist durch seinen Wirtschaftsaufschwung
selbstbewusster geworden und blickt kritisch auf das aus seiner Sicht
kleine Deutschland.
Es scheint wichtiger denn je, dass wirtschaftliche, technische oder
wissenschaftliche Bereiche gefunden werden, welche für beide Staaten
einen gemeinsamen großen Fortschritt bedeuten, und zu dem das
jeweilige Land alleine nicht fähig gewesen wäre.
Schadet Ihrer Meinung nach Bundeskanzlerin Angela Merkel Deutschland,
mit ihrem aus brasilianischer Sicht wenigen Fingerspitzengefühl im
Umgang mit der brasilianischen Führungsebene?
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Dienstag, 18. September 2012
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